Zweieinhalb Jahre sind seit der Veröffentlichung seines letzten Albums, “Guten Morgen Spinner“ vergangen. Zweieinhalb Jahre gefüllt mit Songwriting für das neue Bosse Album, Demophasen im Studio, unplugged Konzerten, komponieren und texten für andere Künstler (u.a. für Kim Frank), gemeinsam mit Sven Bünger (Madsen) im Team als Produzent tätig sein, Moderatorenjobs und nicht zuletzt regelmäßiges Pendeln zwischen Hamburg und dem zweiten Lebensmittelpunkt Türkei zu seiner Tochter und seiner türkisch-deutschen Frau, die dort erfolgreich als Schauspielerin arbeitet.
Das gereifte Ergebnis dieser Zeit ist Bosses drittes Album "Taxi".
„Auf meinem Debüt „Kamikazeherz“ gab es noch unendlich viele Wege“, erinnert sich Bosse, auf „Guten Morgen, Spinner“ waren es vielleicht noch zwei und jetzt, jetzt bin ich angekommen.“ Er sagt das ohne Bedauern, er fühlt sich freier denn je. Frei von der dämlichen Dauerjugendlichkeit des Alles-Offen-Haltens, frei von dem Musikkonzern, der die Namen seiner Bands nicht mehr kennt, frei von dem Zwang, Lärm machen zu müssen. Ein Schlüsselerlebnis war seine erste Unplugged-Show letztes Jahr in Berlin. „Zum ersten Mal kamen Menschen nach dem Auftritt an meinen Stand und sprachen mit mir über Texte. Früher torkelten sie bloß mit blutigen Nasen vorbei und lallten: „Goiler Rock’n’Roll, Alder!“
Nun also: Schluss mit dem Lärm. Sein drittes Album hat Bosse zu zweit mit Produzent Jochen Naaf (Peter Licht, Polarkreis 18) in dessen Wohnzimmer aufgenommen, sich Zeit gelassen und „über jedes Wort dreißig Mal nachgedacht.“ Es ist sein erstes Indie-Album geworden, versteht man Indie als klangliche Reduktion, unkitschige Intimität und unaufdringliches Spinnen eines roten Fadens. „Mutmacher mit Grundsehnsucht“ könne man diesen nennen und seine dicksten Knoten lauten „Gegen Murphy“, „Augen schließen“ und „Liebe ist leise“. Ersteres ein Manifest gegen die allgegenwärtige Sucht nach schlechten Nachrichten und Fatalismus und letztere die zwei riskantesten Statements, die ein Rock’n’Roller äußern kann: ‚Ich vergesse alle praktischen Nöte, wenn ich an meine Familie denke’, sowie ‚Liebe ist kein Rock’n’Roll.’
Liebe ist kein Rock’n’Roll. Liebe ist leise. So spricht ein Musiker, der sich niemals für irgendeine Szene verbogen hat, sondern immer seinem momentanen Gefühlsleben folgte. Einer, der 2005 im Video zu seiner ersten Single noch irrsinnig getrieben durch Berliner U-Bahn-Stationen rannte, sein zweites Album mit Band als 7-Tage-Live-Aufnahme voller Spontaneität einholzte und der nun zu viel Akustikgitarre, Klavier und gelegentlicher Bratsche seinem Wesenskern am nächsten gekommen ist. Und wenn dieser Kern darin besteht, Vater und Mann zu sein, der „weiß, dass das Glück auf der Straße liegt und dass es uns begegnet und bleibt“, dann singt er das auch. Wohl wissend, dass in diesem Land eher gepflegter Pessimismus als wahre Kunst gilt. „Ich will nicht zur Kapitulation aufrufen“, sagt er und lächelt. „Ich will Mut machen. Mut machen, ohne dabei ein Animateur zu sein.“
Dies spiegelt sich in “Vereinfachen”, einem Duett mit Sebastian Madsen, ebenso wieder wie in der Kollaboration mit Oliver Uschmann. Zu dessen neuem Buch “MURP! – Hartmut und ich verzetteln sich” hat Bosse bereits im Herbst einen Text von Oliver Uschmann vertont und mit “Wie wir zu leben haben” das erste Titellied zu einem Buch aufgenommen!